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Nachruf:ehemalige Frauenreferentin für die Region Mönchengladbach Marianne Henkel

Kerze
Datum:
25. Aug. 2025

Marianne Henkel, Kämpferin für Frauen-Rechte in der Kirche mit 92 Jahren gestorben

ein persönlicher Nachruf von Brigitte Vielhaus, Theologin, ehem. Bundesgeschäftsführerin des kfd-Bundesverbandes

Ich lernte Marianne Henkel 1986 in der damaligen Regionalstelle auf der Aachener Straße in Mönchengladbach kennen. Sie war zu der Zeit Frauenreferentin für die Region Mönchengladbach, als solche auch mitverantwortlich für die regionale kfd-Arbeit und u.a. auch im Vorstand der beiden Familienbildungsstätten. Als junge und äußerst kritische Theologin, Mutter eines 4jährigen Sohnes und neu in Mönchengladbach, suchte ich auch inhaltlich eine Anbindung an die Kirche vor Ort. In einem Zeitungsartikel wurde über die interessante Arbeit von Marianne berichtet und spontan habe ich sie in ihrem Büro in der Regionalstelle besucht und mich vorgestellt.

Nach einer Tasse Kaffee und einem guten Gespräch hat sie mich – auch spontan – gefragt, ob ich als Referentin mit ihr ein Wochenende für Frauen in Trennungs- und Scheidungssituation gestalten wolle. Ich habe zugesagt.

Dass sie mir das ohne Zögern zugetraut hatte, war für mich damals ein Schlüsselmoment und ein Einstieg in eine zunächst freiberufliche Arbeit und der Beginn einer vertrauensvollen und starken Zusammenarbeit mit Marianne. Das war eine ihrer großen Stärken und Fähigkeiten: in die Kräfte und das Potential von Frauen zu vertrauen. Unzählige Frauen haben durch das große Vertrauen von Marianne wieder zu sich selbst gefunden oder sich überhaupt neu entdeckt, ihr Leben selbst in die Hand genommen und sind neue Wege gegangen.

Eine Trennung vom Partner oder gar eine Ehescheidung waren in den 80er Jahren immer noch ein Tabuthema in der katholischen Kirche und wurde gerne unter den Teppich gekehrt. Marianne hat das Thema offengelegt, den „Dreck unter dem Teppich“ hervorgeholt und besprechbar gemacht. Sie gründete 1974 in Mönchengladbach die erste Begegnungsstätte für Alleinerziehende in der Kirche, setzte sich für die Frauen ein, persönlich und auch kirchenpolitisch. Sie arbeitete im „Arbeitskreis Alleinerziehende Mütter“ der damaligen Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz mit und war bundesweit ein Beispiel für die Unterstützung und Begleitung von Frauen und Müttern in Trennungssituationen. Sie stritt mit Priestern und mit Bischöfen und stellte die Lehre der Kirche in Frage, vor allem die Haltung zu Scheidung und Wiederheirat und die Zulassung zu den Sakramenten. Die in den 80er Jahren in Deutschland stärker werdende Bewegung Feministischer Theologien gaben auch ihr die notwendige argumentative Rückenstärkung. Sie war tief davon überzeugt, dass Frauen eine auch priesterliche Berufung haben können und dass Frauen zu allen Diensten und Ämtern in der Kirche berufen sind. Sie durfte über diese Gedanken nur vorsichtig sprechen und musste Sanktionen seitens der Kirchenhierachie befürchten.

Ich weiß nicht mehr genau, wie viele Wochenenden im damaligen Heydevelthof, wie viele Seminare und weitere Veranstaltungen wir gemeinsam durchgeführt haben. Die Heiligtumsfahrt in Mönchengladbach im Jahr 1987 mit einem großen Zentrum für Frauen in der alten Propstei war sicherlich auch für Marianne ein Meilenstein.

Von den vielen Hindernissen, die ihr seitens der Kirchenhierachie und von einzelnen Priestern in den Weg gelegt wurden, ließ sie sich nicht beirren. Sie setzte sich immer an erster Stelle für die Rechte von Frauen ein, handelte und sprach sich gegen jede Form der Gewalt an Frauen aus, sei es physischer, psychischer oder auch struktureller Art.

Marianne war für mich auch die Brückenbauerin für meine erste Stelle bei der kfd. Sie machte mir Mut, es doch beruflich bei der kfd zu versuchen und so begann ich im September 1987 meine Stelle als Assistentin des damaligen Generalpräses August Gordz mit dem Schwerpunkt in der Alleinerziehenden Arbeit auf Bundesebene. Meinen weiteren abwechslungsreichen Weg bei der kfd auf Bundesebene hat sie stets interessiert begleitet und war bis zuletzt sehr stolz darauf, dass sie mir die „Tür zur kfd“ geöffnet hat. Bis zu ihrem Lebensende war sie Mitglied der kfd und freute sich sehr über die Umbenennung der Mitgliederzeitschrift von „frau und mutter“ zu „Junia“.

Unzählige Frauen haben Marianne sehr viel zu verdanken. Ich reihe mich ein und sage von ganzem Herzen „Danke!“ 

Wir werden dich nicht vergessen, liebe Marianne. Wir behalten den Mut und die Kraft, miteinander Kirche zu sein und zu gestalten.

 

Text: Brigitte Vielhaus, Theologin, ehem. Bundesgeschäftsführerin des kfd-Bundesverbandes