Verbandliche Arbeit:Engagement in der kfd Walheim: Ein Veranstaltungsbericht zu Frauen in der Politik

Über Chancen, Herausforderungen und Teilhabe von Frauen

Im Rahmen ihres Jahresprogramms „Frauen haben was zu sagen! – Begegnungen auf der roten Bank“ lud die kfd St. Anna Walheim Ende August zu einem weiteren Gespräch ein. Diesmal zu dem Thema „Frauen in der Politik“. Nach der zuletzt schon sehr gelungenen und gut besuchten Veranstaltung zu „Unsichtbar gemacht und (fast) vergessene Frauen aus der Bibel“ mit Yasmin Raimundo gelang es den Veranstalterinnen aufgrund persönlicher Kontakte, unsere Oberbürgermeisterin, Frau Sibylle Keupen, auf die rote Bank zu holen. Diesmal eine Frau, die aufgrund ihres Amtes in der Stadt Aachen für viele Menschen sichtbar ist.
Die von einem Team engagierter kfd-Frauen gut vorbereitete Gesprächsrunde wurde von unserer ehemaligen Geistlichen Leiterin, Annette Diesler, souverän und locker moderiert. In vier Runden wurde das Thema „Frauen in der Politik“ mit Erfahrungen von Frau Keupen, aber auch mit denen der Besucher*innen in den Blick genommen. In einer lockeren und auch unterhaltsamen ersten Runde konnte das Publikum einen persönlichen Eindruck von Frau Keupen gewinnen, wenn sie sich zwischen zwei Dingen entscheiden musste. So zum Beispiel, ob sie als Mädchen lieber Barbie oder Pippi Langstrumpf gewesen wäre. Erwartungsgemäß hat sie sich für letzteres entschieden.
In einer nächsten Runde richteten sich die Fragen an die sehr zahlreichen Besucher*innen, um deren Wissen zur Gleichberechtigung von Frauen zu prüfen. Fragen nach der Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen 1918 oder die Abschaffung der Zustimmung des Ehemanns zur Aufnahme einer Berufstätigkeit durch die Frau in 1977 konnte von den Anwesenden wohlwissend beantwortet werden.
Im Zentrum des Abends standen die Fragen an Frau Keupen, wie sie zur Politik gekommen ist, welche Erfahrungen sie macht und was sie sich für Frauen wünscht, damit diese sich mehr politisch engagieren können. Wie nicht ganz untypisch für viele Politiker*innen, kommt Frau Keupen aus der Verbandsarbeit (BdkJ), war früh politisch aktiv und immer auch schon leitungsaffin und darüber hinaus eine leidenschaftliche Netzwerkerin. Sie hatte eigentlich nie vor, in die Politik zu gehen und hat ein solches Amt, wie sie es heute innehat, nie angestrebt. Allerdings sind es die oben erwähnten Eigenschaften, derer es u.a. bedarf, um politisch erfolgreich zu sein. Ebenso wichtig können Vorbilder sein. Für sie ist die CDU-Politikerin Rita Süssmuth ein solch wichtiges Vorbild neben manch anderen Frauen auch aus der Lokalpolitik. Sinnstiftende- und Gemeinschafts-aufgaben, Menschen zusammenzubringen und etwas bewirken zu können, motivieren sie in ihrer politischen Arbeit.
Für sie ist bedauerlich, dass zu wenig Frauen diese Erfahrung mit ihr teilen können, weil sie schlichtweg in der Politik zu wenig repräsentiert sind. Der Frauenanteil im Bundestag und auch im Rat der Stadt sei rückläufig. Bundesweit gäbe es nur knapp zehn Prozent Frauen im Oberbürgermeisteramt. Ebenso sähe es in Aufsichtsräten aus, in denen sie manchmal die einzige Frau sei. Die sogenannten „Seilschaften“ unter Politikern seien mächtig. Dagegen gäbe es aus oben erwähnten Gründen zu wenig gute Netzwerke für Frauen. Und gerade diese Netzwerkarbeit für Teilhabe und Gleichberechtigung von Frauen sei für sie parteiübergreifend erstrebenswert und wichtig.
Die Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen sieht sie in der immer noch nicht ausreichenden Kinderbetreuung, aber auch darin, dass viele Sitzungen abends und zu der Zeit stattfinden, in denen Frauen in ihrer Familie präsent sein wollen. Eine Anpassung an die Betreuungszeit, die tagsüber i.d.R. gegeben ist, wäre hilfreich. Ein anderer Aspekt ist, dass manche politischen Funktionen sehr arbeitsintensiv sind, wie zum Beispiel ihr eigenes Amt. Hier sollte ein neues Modell „Führen in Teilzeit“ mehr gefördert und durchgesetzt werden. Angelehnt an den Spruch „Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ glaubt sie, dass Frauen gemeinsam viel erreichen können. Noch einmal auf Pippi Langstrumpf eingehend, äußerte Frau Keupen, dass es keine Zeit mehr sei, um als Frau „brav und lieb“ zu sein. Unter Beachtung des selbstverständlichen gegenseitigen Respekts sei es wichtig, mutig und offen aufzutreten und als Frauen „Banden“ zu bilden, die sich für ihre Rechte und das Gemeinwohl einsetzen.
Ein letzter Tipp, den sie gerade jungen Frauen, die erste Schritte in der Politik tun, mit auf den Weg geben möchte ist, sich eine bereits erfahrenere Politikerin zu suchen, sich bildlich gesprochen an sie anzulehnen. Sie selbst erfährt, dass solche Beziehungen für beide Frauen bereichernd sind.
Bevor Frau Keupen nach eineinhalb Stunden die rote Bank wieder verlassen konnte, hatten die Anwesenden noch Gelegenheit, ihr einige Fragen u.a. zur Gendersprache aber auch zu ihrem Verhältnis zu ihrer kirchlichen Heimat zu stellen. Schließlich endete der informative und kurzweilige Abend mit der Einladung von Frau Keupen, sich als Frau immer wieder einzubringen – sei es in Vereinen oder Verbänden, auf kommunalpolitischer Ebene oder in der Pfarre.
Ein Dank geht an die verantwortlichen Frauen aus der kfd Pfarrgruppe St. Anna für die gelungene Ausrichtung der Veranstaltung.
Text: Barbara Verholen, Vorstandsmitglied der kfd Aachen