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Nachbericht:Den Kompass nicht verlieren!

Am 30. Januar 2025 fand die Online-Veranstaltung „Rechtspopulismus als Herausforderung für die Kirchen“ mit Dr. Katja Voges (missio Aachen) als Referentin statt. In ihrem Nachbericht gibt unsere nahdran-Redakteurin Claudia Kolletzki einen Überblick über die zentralen Inhalte.
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Datum:
17. Feb. 2025

Religion darf kein Nischenthema sein!

Am 23. Februar findet die vorgezogene Wahl zum Bundestag statt. Diese Wahl stellt die Weichen für die Zukunft unseres Landes. Als kfd-Frauen stehen wir für Werte wie Toleranz und Vielfalt, Menschenwürde ein, die wir gemeinsam leben und vertreten. Aber diese Werte geraten zunehmend unter Druck und werden von rechtspopulistischen und -extremistischen Akteuren in Deutschland und weltweit vereinnahmt und oft in ihr Gegenteil verkehrt. Durch die Aneignung christlicher Begriffe erscheinen rechtspopulistische Inhalte oft harmloser als sie sind. 

Wie können wir diese Mechanismen durchschauen und wie dagegen vorgehen? Dazu referierte Dr. Katja Voges, Teamleiterin „Menschenrechte & Religionsfreiheit” bei missio Aachen in einer gemeinsamen Online-Veranstaltung mit der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands. 
In ihrem Vortrag benannte sie die Religionsfreiheit als Schlüsselbegriff: die Freiheit, die eigene Religion privat und öffentlich auszuüben ist ein allgemeines Menschenrecht und ein Grundpfeiler jeder Demokratie. Hier setzen rechte Strategien an, indem sie Religionsfreiheit exklusiv für das Christentum oder eine „christliche Leitkultur“ reklamieren und beispielsweise dem Islam das Recht absprechen, sich darauf berufen zu können. 

Die Muster, derer sich rechte Populisten bedienen, sind die Aneignung christlicher Begriffe, deren Umdeutung und die Inszenierung als einzig wahre Verteidiger des „christlichen Abendlandes“. Als Beispiele für diese Aneignung nannte Katja Voges die zahlreichen Anträge der AfD zu Themen wie „Verfolgte Christen“ oder auch „Gendern“: die überwiegende Zahl dieser Anträge wurde von der AfD gestellt – teils mit derart problematischen Forderungen, dass alle abgelehnt worden sind. Dies stärkte wiederum die Inszenierung der AfD als Verteidigerin christlicher Werte - und führte in einen Teufelskreis: Demokratische Kräfte verabschiedeten sich in den letzten Jahren vermehrt aus dem Engagement für religiöse Themen und ließen so Raum für deren populistische Vereinnahmung. 

Zu den Strategien gehört auch, das christliche, partnerschaftliche Familienbild einem bevölkerungspolitischen und nationalistischen Interesse unterzuordnen und Frauen in erster Linie Aufgaben in der Familie und der Care-Arbeit zuzuweisen. Christliche Motive werden gekapert, Nächstenliebe reduziert auf Mitglieder der eigenen Gemeinschaft („der barmherzige Samariter hat den Fremden am Straßenrand auch nicht nach Hause eingeladen, sondern ihn draußen versorgt“). 

 

Was können mögliche Gegenstrategien sein? 

Religion darf kein Nischenthema sein! Breite Allianzen in die Gesellschaft hinein helfen, christliche Anliegen auf die Tagesordnung zu setzen und Rechtsextremismus weniger Raum zu lassen. Jede*r von uns kann strategisch sinnvollen Widerspruch einüben! Der Verein „Ichbinhier“ (www.ichbinhier.eu) unterstützt darin, sich gegen digitale Angriffe zu wappnen und Zivilcourage in den Sozialen Medien einzuüben. 

In der anschließenden Diskussion wurden sehr persönliche Erfahrungen und große Sorgen formuliert. Eine Teilnehmerin drückte es so aus: „Wenn Rechtsextremisten in die Regierung kämen, würden Frauenrechte beschnitten, Inklusion ebenso und Menschen mit Behinderung noch mehr benachteiligt. Was mich nachdenklich stimmt ist, dass wir - abgesehen von der kfd, die immer nach vorne geht, wenn gesellschaftspolitisch etwas ansteht – mehr re-agieren, als dass wir agieren. Wir müssen die Wunde sehen und darauf zeigen, ehe sie zum gesellschaftlichen Thema wird!“ 

Einig waren sich alle darin, dass es oft schwierig ist, aggressive und komplexe Aneignung von christlichen Begriffen, biblische Bezüge und ideologisches Gedankengut zu entwirren. Trotzdem ist es wichtig, Fake News zu benennen und Gleichgesinnte auch außerhalb der „katholischen Blase“ zu finden. Eine Teilnehmerin brachte es auf den Punkt: „Die Welt ist groß und bunt, manchmal grausam, oft schön und schräg – die Kunst ist, bei all diesen Facetten den Kompass nicht zu verlieren. Aber: Die Kirche ist weltweit wie ein großer Tanker, den wir, um uns zu beteiligen, auch nutzen müssen.“

Claudia Kolletzki 

 

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