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Frauen & Kirche:„Das wollten wir als kfd-Diözesanverband nicht so hinnehmen“

Unsere kfd-Vorstandsvorsitzende, Marie-Theres Jung, hat auf der Kundgebung des Betroffenenrats in Aachen am 18. November 2024 eine Ansprache gehalten. Ihre Worte können Sie an dieser Stelle noch einmal nachlesen.
Hubert_Perschke
Datum:
20. Nov. 2024

„Gut, dass Sie alle, dass Ihr alle heute hier seid.“

Ansprache der Vorstandsvorsitzenden der kfd im Diözesanverband Aachen, Marie-Theres Jung, zur Kundgebung des Betroffenenrats am 18.11.2024

"Gut, dass Sie alle, dass Ihr alle heute hier seid – am jährlichen Gebetstag für Opfer von sexuellem Missbrauch, den Papst Franziskus ausgerufen hat. In unserem Bistum ist mir keine Andacht oder kein Gottesdienst zu diesem Thema bekannt. Gut, dass dafür hier viele versammelt sind, um Betroffenen zuzuhören, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und nicht nur über sie zu sprechen.

Als im Juli durch die Presse bekannt wurde, dass das Bistum in einem Fall, bei dem ein Betroffener von sexualisiertem Missbrauch Klage erhoben hat, die Einrede der Verjährung ausgesprochen hat, wollten wir als kfd-Diözesanverband dies nicht so hinnehmen und haben uns öffentlich und klar von diesem Vorgehen des Bistums distanziert. Wir wollten es nicht still hinnehmen, welche Entscheidung hinter verschlossenen Türen im Bistum gefällt wurde. Zu oft und viel zu viel haben wir, haben Menschen weggeschaut, wenn Fälle von Missbrauch bekannt wurden. Zu sehr und zu häufig wurde der Institution Kirche vertraut. Konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Fälle von sexuellem Missbrauch, ebenso von spirituellem Missbrauch und Machtmissbrauch, sind schon lange in unserer Kirche und in den Generalvikariaten bekannt. Doch trotzdem wurde vertuscht: Priester wurden in andere Pfarrgemeinden, Bistümer oder Länder versetzt, um die Institution Kirche zu schützen.

Muss nicht eine Bistumsleitung, auch wenn sie vor Gericht als juristische Partei steht, ihrer moralischen und christlichen Pflicht nachkommen und den Blick auf den Menschen richten?
Ist es nicht die Pflicht, um Vergebung zu bitten? Auch wenn die Täter selbst nicht mehr leben, existiert das System, das jetzt handelt, immer noch genauso. (Wer kann und darf es sich anmaßen, darüber zu urteilen, ob ein Klageweg für das Opfer zumutbar ist – außer das Opfer selbst?)

Die Verletzungen, die Menschen durch sexuellen und spirituellen Missbrauch an Leib und Seele angetan wurden – und meist waren es Kinderseelen, die zerstört wurden – können mit keinem Geld der Welt geheilt werden. Diese Wunden verjähren nicht. Aufgrund des intransparenten Vorgehens innerhalb der zuständigen Gremien unter der Leitung des Bischofs bleibt der Eindruck bestehen, dass das Bistum mit der Einrede der Verjährung vor allem finanzielle Gründe im Blick hatte – und nicht in erster Linie die Betroffenen. Wurde wieder versucht, die Institution Kirche zu schützen? Diesmal aus rein finanziellen Aspekten?

„Heute, inmitten der Kirche, gibt es dieses Verbrechen. Und die Kirche muss sich schämen und um Vergebung bitten.“ So hat Papst Franziskus es selbst in einer Rede bei seinem Besuch in Belgien benannt. Als katholischer Verband gehören wir zu dieser Kirche und Institution. Und wir müssen uns schämen, wenn wir als Mitglieder nicht dagegen aufbegehren, wenn Unrecht und Verletzungen passieren.

Gut, dass Sie, dass Ihr heute hier seid."

Marie-Theres Jung